„Das Internet ist keine Parallelwelt, es ist ein Teil der Wirklichkeit“ – Interview mit Norbert „Nordbergh“ Diedrich

Bitte stelle Dich kurz vor:

Guten Tag, Diedrich. Mein Lebenslauf ist ein Teller bunte Knete: Publizistik Studium (Abschluss: M.A.), Kabarettist, Spiele-Redakteur, PR-Berater, Journalist (Motorsport, Tageszeitung), Coach für Bildungsträger, Werbetexter, PR-Berater und aktuell siehe eine Frage weiter.
Und die andere Hälfte meines Lebens besteht aus Musik.

Was machst Du beruflich, wo liegt dabei der Fokus?

Seit 2014 bin ich Freelancer für Content-Erstellung und -Strategie, Redakteur sowie Texter. Davor war ich fünf Jahre lang angestellter PR-Berater in einer Agentur mit Schwerpunkt auf digitaler Kommunikation.

Die Motivation für meine Selbständigkeit im zarten Alter von 48 Jahren liegt im Wesentlichen darin begründet, dass ich a) nur noch in Bereichen arbeiten möchte, in denen ich meine zentralen Neigungen und Talente nutzbringend anwenden kann, und b) nur noch mit Menschen arbeiten möchte, mit denen mich gegenseitige Sympathie und Respekt verbinden.

Der Fokus meines Portfolios liegt auf:

Corporate Communication, Unternehmenskommunikation: Beratung, Konzeption & Umsetzung (Schwerpunkt: Digital & Social Media)

Content-Erstellung und -Strategie (B2C, B2B)

Redaktionelle Texte für Print, Online, Hörfunk (journalistisch, sachlich, unterhaltend)

Werbetext 

In welchem Bereich fühlst du dich am wohlsten und warum?

Genau in dem, den ich zurzeit ausfülle: Content-Erstellung und -Strategie für Unternehmen, jeweils im Auftrag von Agenturen. Und wie es das Glück will, sind unterschiedliche Ausrichtungen damit verbunden.

Für eine Hotelkette habe ich den Auftrag, deren Unternehmensblog (inkognito) mit neuen Ideen und Themen anzureichern sowie regelmäßig Blogartikel zu verfassen. Dabei natürlich immer die entsprechenden Personas im Blick! Hier kann ich unter anderem an persönliche Leidenschaften wie etwa für Kultur und Geschichte knüpfen. Auch im Schreibstil darf ich mich sehr frei bewegen. Herrlich!

Für eine Lebensversicherung und ein Softwareunternehmen schreibe ich (zum Teil inkognito) Blogartikel zu meist vorgegebenen Themen. Das beinhaltet unter anderem auch sog. „Erklärstücke“. Etwa versicherungstechnische Aspekte werden für Kunden in sinnvoll eingegrenztem Umfang allgemeinverständlich erläutert. Ist also eher serviceorientiert als unterhaltend.

Meine Neigung zu „Erklärstücken“ hat sich wohl endgültig während meiner Tätigkeit als Coach für einen Bildungsträger ausgeprägt, für den ich mit arbeitsuchenden und langzeitarbeitslosen Menschen beim Arbeitsamt gearbeitet habe. Da selber Erfahrungen in diesen Bereichen gemacht, habe ich recht konkret vor Augen, welchen Ansprüchen ich dabei genügen will.

Dazu kommt mit Jahresbeginn wieder das Verfassen von Blogartikeln für einen Agenturblog. Marketingthemen stehen im Vordergrund. Aber auch hier erlebe ich großes Vertrauen seitens des Kunden, so dass ich auch Humor und Satire einbinden darf. Freue mich riesig drauf.

Viele Unternehmen spüren, dass sich die Welt um sie rasant schnell verändert. Wir bringst Du diese Erfahrung zu Deinen Kunden, wie vermittelst Du sie Ihnen?

Der aus meiner Sicht zentrale Faktor dabei ist: Helfen wollen! Ich möchte Unternehmen in erster Linie mit meiner Arbeit dabei helfen, sich in Sachen Kommunikation anpassungsfähiger aufzustellen.

Wenn man Unternehmen möglichst ausdauernd mit Dingen und Begriffen zutextet, die sie wahrscheinlich nicht so gut oder noch nicht in der Praxis kennen, hat das weniger etwas von Hilfestellung als vielmehr davon, sich selbst zu gefallen. Das in Kombination mit einer Attitüde, die Kunden glauben lässt, man würde ihnen ihre Arbeit erklären, halte ich für eine Ursache des zum Teil verheerenden Images von Werbe- und PR-Agenturen. Na ja, wer‘s braucht!

In 20 Jahren Berufserfahrung in PR, Werbung und Redaktion habe ich die Veränderungen bei Kunden aber auch bei meinen Arbeitgebern in diesen Branchen miterlebt. Diesen Veränderung – zumeist vor dem Hintergrund der Digitalisierung – zu begegnen, davon sogar zu profitieren, war immer schon eine Grundlage meiner Arbeit.

Bei allem, was ich mache, versuche ich so sinnvoll wie möglich unterhaltende Aspekte mit einzubringen. Alleine schon dadurch, dass ich Kunden eine positive Einstellung, am besten Spaß an Unternehmenskommunikation nahezubringen versuche. Denn das ist der erste Schritt in Corporate Communication, ohne den jeder andere aus meiner Sicht wenig erfolgversprechend ist.

Leitsatz: Corporate Communication should be usefull, relevant or at least entertaining.

Wie würdest Du aus Deiner Sicht den Begriff „Digitalisierung“ erklären?

Ich halte die Digitalisierung für die größte Revolution seit Erfindung des Buchdrucks. Revolution bedeutet aus Sicht von Geschichtswissenschaftlern ein Prozess, der auf allen gesellschaftlich relevanten Ebenen zu großen bis vollständigen sowie nachhaltigen Veränderungen führt.

Digitalisierung bedeutet aus meiner Sicht die Loslösung der Kommunikation von Raum und Zeit. Spätestens mit der Erfindung des Smartphones kann Kommunikation überall und zu jeder Zeit stattfinden.

Digitalisierung findet auf mehreren Ebenen statt. Die erste ist reintechnisch und umfasst die Handhabung technischer Geräte sowie ein gewisses Maß an Verständnis zur Weiterentwicklung.

Die zweite umfasst das verstehen von Kommunikation über digitale Kanäle. Die ist allerdings in Wirklichkeit eine Unterebene derer, die das Verständnis von Kommunikation allgemein beinhaltet. Kommunikationswissenschaft ist immer noch ein recht neues Gebiet und bis heute ist mir allein kein Modell bekannt, das allein die analoge Kommunikation zwischen zwei Menschen vollumfassend(!) beschreibt. Denn dazu gehören unter anderem auch Erfahrungen, Wünsche, Beziehungen etc. etc. beider Protagonisten. Und während wir noch relativ am Anfang der Kommunikationswissenschaft stehen, plazt die Digitalisierung über uns rein und schmeißt nochmal sehr viel, von dem wir dachten, wir verstünden es, über den Haufen. Damit sind auch dynamische Prozesse von der kleinsten privaten bis zur größten gesellschaftlichen Ebene gemeint

Digitalisierung ist nur zu einem Teil Technik. Zu einem größeren Teil ist sie Auslöser einer neuen Art der Kommunikation, deren Auswirkungen wir vielleicht gerade mal im Ansatz erahnen.

Welche Geschäftsmodelle haben in Zukunft die besten Chancen?

Nur wer da ist, wo auch seine Kunden sind, kann etwas verkaufen. Das gilt für B2B genauso wie für B2C. Aber es reicht eben nicht, die digitalen Kanäle seiner Kunden zu kennen. Man muss auch deren sich wandelndes Verhalten als Individuum, als Teil einer Familie, eines Freundeskreises, einer Gruppe und einer Gesellschaft zumindest nachvollziehen können.

Das Internet ist keine Parallelwelt, es ist ein Teil der Wirklichkeit. Es ist legitim, das Netz wie eine Parallelwelt zu behandeln, sich darin entsprechend zu bewegen oder es zu meiden. Aber es ist da – ob man will oder nicht.

Diese Parameter beschreiben für einen Geschäftsmenschen jedoch nichts Neues. Parallelwelten hat es auch früher schon gegeben. Das mussten nicht mal andere Kulturen gewesen sein. Allein die Jugendkultur in den 50ern und 70ern war für nicht wenige Zeitgenossen eine weit entfernte Parallelwelt. Aber je besser man seine Kunden kannte, desto mehr konnte man sich dem anpassen. Ist heute nur alles ein Tacken… ein Universum größer.

Was hast Du bisher für Erfahrungen mit der DSGVO gemacht? Wir haben ja 2018 alle viel Zeit und Geld in das Thema gesteckt, gibt es bereits Erfahrungen damit? Wirkt sich die aktuelle Gesetzgebung praktisch auf Dein Business aus?

Auswirkungen auf mein Business hat das derzeit wenig. Die aktuelle Cookie-Regelung, nach denen über Third-Party Cookies nicht nur aufgeklärt, sondern dafür auch aktiv die jeweilige Einwilligung eingeholt werden muss, scheint mir sinnvoll im rechtlichen Sinne. Das liegt aber auch vielleicht daran, dass meine eigene Website mit Blog derzeit noch im Aufbau ist. Vielleicht fluche ich darüber in sechs Monaten wie ein Rohrspatz.

In einer Zeit, in der bisher definierte Berufsbereiche immer mehr ineinander übergehen und sich gemachte Erfahrungen im neuen Kontext verändern: wie politisch und/oder gesellschaftlich muss/darf unsere Arbeit sein?

Als Freiberufler habe ich es von Beginn an so gehalten, dass es auf jedem Kanal nur EINEN Nordbergh gibt – keinen privaten und nebenher beruflichen.

Zum Vergleich: Die Ansicht, Politik und Sport müssten getrennt werden, war einmal sehr klug und sinnvoll. Mittlerweile hat aber Sport einen so großen Stellenwert im Alltag der meisten Menschen (hierzulande), dass eine Trennung aus meiner Sicht nicht nur nicht mehr möglich ist, sondern dem Sport sogar abträglich sein kann – je nach Sportart und Präsenz natürlich. Welcher Sport ist völlig unbeleckt von Rassismus, Homophobie, Bestechung, Korruption, wirtschaftlichen Interessen und letztlich auch direkt von Politik?

Ich glaube, das ist mit dem Berufsleben vergleichbar. Die Frage ist für mich: Wie wichtig ist es mir, für Kunden zu arbeiten, deren Angebote und Strukturen meinen Werten entsprechen? Würde ich für z. B. eine Partei arbeiten? Bisher war die Antwort klar: NO WAY! Ich gehöre auch aus Prinzip keiner an. Aber noch vor wenigen Jahren gab es ein relevantes Parteienspektrum, das im Wesentlichen innerhalb demokratischer Werte stattfand. Mittlerweile haben wir eine Partei, die weit darüber hinaus ins menschliche Niemandsland böllert. Wenn ich mit meiner Arbeit für eine Partei im demokratischen Spektrum dagegen angehen kann, wäre das eine Überlegung wert. Aber bevor ich z. B. für die BILD arbeite, würde ich lieber… sucht Euch was aus.

Wenn ich gegenseitige Sympathie und Respekt zum Ausgangspunkt für eine Zusammenarbeit mit Kunden mache, kann ich die Bereiche Gesellschaft und Politik nicht ausschließen. Und wer mich auf geschäftlicher Ebene kennenlernen möchte, der soll auch wissen, mit was für einem Menschen er es zu tun hat. Aber das muss jeder für sich entscheiden. Da gibt es kein richtig oder falsch.

Jeder Beruf in Kombination mit dem Individuum hat einen anderen Stellenwert in der Gesellschaft. Der eine kann sich leichter damit tun, täglich zu posten, wie abgrundtief scheiße er AfDler oder Pegida-Lümmel findet. Der andere steht vielleicht viel mehr im Fokus einer Klientel, die das situativ weniger interessiert: etwa bei Ärzten und Patienten Und wieder andere müssen deswegen weitaus mehr persönliche Bedrohungen in Kauf nehmen.

Interessanterweise gibt es aber in Deutschland Berufsgruppen, die sich schon mal im ganz großen Rahmen geradezu wegweisend beschämend davor gedrückt haben, Politik und Gesellschaft mit ihrer beruflichen Verantwortung zu verknüpfen. Nach 1945 wurde zum Beispiel kein einziger Richter in Deutschland wegen von ihm im Dritten Reich gefällter Urteile verurteilt! Zu was dergleichen führen kann, sehen wir.

Was war für Dich eine besonders gute Erfahrung? Was ist Dir im Job besonders gut gelungen? Was war für Dich eine völlig neue Erfahrung?

Die letzten fünf Jahre bestanden fast nur aus guten Erfahrungen. Und das liegt an meinen Kunden. Bis auf einen Kunden, der mich schlicht betrogen hat. Vor allem habe ich jetzt mehr als früher mit einem veröffentlichten Artikel ein greifbares Ergebnis vor mir liegen. Ergebnisse sind mir wichtig. Bei der Pressearbeit, die vorher den größten Teil meines Jobs ausmachte, hatte man zum Teil viel Energie in etwas gesteckt, was im Endeffekt manchmal niemanden interessierte. Das fand ich extrem frustrierend.

Aber auch davor gab es für mich unvergessliche berufliche Zeiten. 2003 war ich neben dem Projektleiter bei der WIGE Media AG als einziger Redakteur für den Neuaufbau der offiziellen Website zum 24h-Rennen auf dem Nürburgring beauftragt. Der Projektleiter war durchaus visionär. Wir hatten nicht nur eine Website, wir hatten auch eine Live-Website ausschließlich für Kommunikation in Echtzeit. Das war VOR Facebook, Twitter, Smartphones etc. Wir hatten ein großes Online-Forum, dessen Betreuung mich ganz ordentlich auf Social Media vorbereitete.  Und wir waren in Deutschland 2003 die populärste, am meisten frequentierte Website für ein annuales Sportereignis. Die entsprechende Dokumentation darüber bewahre ich sorgfältig auf. Aber es war vor allem absolut GEIL, während der vier Trainings- und Renntage professionellen Motorsport so hautnah mitzuerleben, wie man sich das heute kaum noch vorstellen kann.

Die größte berufliche Umstellung erfuhr ich 2008 als neu eingestellter PR-Berater, der zuvor noch nicht mit Social Media und Netzwerken wie Xing und LinkedIn zu tun hatte. Da öffnete sich mir fast schon eine neue Welt und ich bin bis heute auch privat ein Fan davon.  

Welche Tools arbeiten für Dich sinnvoll, womit erleichterst Du Deinen Alltag?

Ach, ich bin ein alter Sack. Ich mache meine Abrechnungen mit Excel. Weil ich das kann und so will und sonst werde ich bockig! Ich finde es bemerkenswert, wie schnell sich manche Leute in immer neue Anwendungen hineinfinden und sie sinnvoll für sich nutzen können. Allerdings weiß ich auch, dass die Bedienung von Tools weniger über kommunikative Kompetenz aussagt, als manche glauben. Etwas unbequem kann es werden, wenn jeder Kunde Tools für Dinge hat, die auch mich betreffen – und alle sind verschieden.

Ein für mich essentielles „Tool“ ist eine logische und übersichtliche Dateien- und Ordnerstruktur. Prämisse: Wenn ich mal eine Datei versehentlich falsch ablege, will ich sie mit möglichst wenig Infos und möglichst wenig Zeitaufwand wiederfinden. Das habe ich bei der Arbeit als Koordinator für einen Automobilzulieferer gelernt. Wenn man verantwortlich für die Koordination von allein 200 Einzelteilen für einen PKW-Sitz ist, ein Auto hat aber insgesamt Fahrer-, Beifahrer- und Rücksitze, lernt man Ordnung auf dem Rechner.

HubSpot habe ich vor einigen Jahren bei einer Agentur für Digitale Kommunikation ein wenig kennengelernt. Das fand ich im Rahmen des Digitalen Marketings schon ziemlich überzeugend. Unterlagen der HubSpot-Academy habe ich bis heute. Ich halte sie immer noch in vielen grundlegenden Bereichen der Digitalen Kommunikation für ausgezeichnet.

Hast Du ein Motto? Wenn ja, welches?

Don’t forget to Rock’n Roll sometimes!

Wo findet man dich in den sozialen Netzwerken?

Eigentlich überall unter „Nordbergh“ oder „Norbert Nordbergh Diedrich“ (Klarnamenpflicht). Nur bei TikTok war einer schneller. Da bin ich angemeldet als „TherealNordbergh“, aber noch ohne Clip.
Aktiv bei Facebook, Twitter, Instagram, YouTube, Pinterest (da muss ich mal wieder was machen), sowie Xing und LinkedIn.  

Kontakt:
Norbert Diedrich – Münster
Tel.: 0171-1022541
Mail: n.diedrich@nordbergh.de
Website (noch im Aufbau): www.Nordbergh.de, www.Nordbergh.com
Profile: https://www.linkedin.com/in/norbert-nordbergh-diedrich-b6645365
https://www.xing.com/profile/NorbertNordbergh_Diedrich/cv

Foto: Uwe Clephas

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