In ihrem provokanten und tiefgründigen Buch „Generation Krokodilstränen: Über die Machttechniken der Wokeness“ nimmt Pauline Voss die junge, sogenannte woke Generation ins Visier. Voss, die selbst zur jüngeren Generation gehört, bietet eine kritische Analyse der aktuellen gesellschaftspolitischen Strömungen und verwendet dabei Michel Foucaults Theorien, um die Mechanismen hinter der Wokeness zu entlarven.
Generation Krokodilstränen – von unpolitisch zu hyperpolitisch
Das Buch beginnt mit einer scharfen Beobachtung: Die junge Generation, aufgewachsen in einer Zeit, die als unpolitisch galt, hat sich zu einer überaus politisierten Gruppe entwickelt, deren Einfluss in öffentlichen Debatten unübersehbar ist. Voss beschreibt diese Entwicklung als einen „hyperpolitischen Befindlichkeitswahn“, der die Gesellschaft zunehmend prägt. Ihre Argumentation ist dabei sowohl provokativ als auch erhellend und fordert den Leser heraus, die eigenen Vorstellungen von Politik und Privatheit zu hinterfragen.
Besonders interessant ist Voss’ Neuinterpretation von Foucault. Entgegen der populären Meinung, dass Foucaults Ideen die Grundlage für eine Politik der Identität und Wokeness bieten, argumentiert Voss, dass seine Theorien tatsächlich genutzt werden können, um diese Bewegungen zu delegitimieren. Sie zeigt auf, wie Wokeness oft als eine „Performance von Schwäche“ fungiert, die tatsächlich eine subtile Form der Machtausübung darstellt. Diese Perspektive ist besonders wertvoll, da sie eine neue Sichtweise auf Foucault bietet und gleichzeitig aktuelle gesellschaftliche Phänomene kritisch beleuchtet.
Generation Krokodilstränen – Definition
Voss geht mit ihrer eigenen Generation hart ins Gericht und prägt den Begriff „Generation Krokodilstränen“, um die oft oberflächliche Art und Weise zu beschreiben, wie politische und soziale Anliegen behandelt werden. Ihre Kritik an der Identitätspolitik ist scharf und unmissverständlich: Sie wirft dieser vor, Befreiung nur vorzuschützen und stattdessen neue Formen der Kontrolle und des Ausschlusses zu schaffen.
Das Buch ist nicht nur eine theoretische Abhandlung; es verwebt auch persönliche Erfahrungen mit breiteren gesellschaftlichen Beobachtungen. Diese Mischung aus persönlicher Erzählung und analytischer Schärfe macht „Generation Krokodilstränen“ zu einem lebendigen und fesselnden Leseerlebnis. Es behandelt komplexe Themen wie Sexualität, den Verlust des Physischen in unserer digitalisierten Welt und die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf Kultur und Fortschritt.
Ein weiterer starker Aspekt des Buches ist seine Auseinandersetzung mit der Allgegenwart politischer Korrektheit. Voss argumentiert überzeugend, dass diese oft zu einer Art Tribunal wird, in dem jeder zum Richter über andere werden kann. Diese Prozesse sind subtil und oft schwer greifbar, was sie umso problematischer macht.
Pauline Voss hat mit „Generation Krokodilstränen“ ein mutiges Buch geschrieben, das wichtige Fragen zur aktuellen gesellschaftlichen Lage stellt. Es ist ein kritischer Blick auf eine Generation, die oft als progressiv gilt, deren Methoden und Techniken jedoch bei näherer Betrachtung auch repressive Züge tragen können. Dieses Buch ist eine empfehlenswerte Lektüre für alle, die sich für zeitgenössische politische Theorie interessieren oder einfach nur verstehen wollen, wie sich gesellschaftliche Machtstrukturen in neuen Formen manifestieren können.
Generation Krokodilstränen – Die Autorin
Pauline Voss, geb. 1993, begann ihre Laufbahn als Autorin in einer Videoagentur in Frankfurt am Main und wechselte dann als Redakteurin ins Auslandsressort der Neuen Zürcher Zeitung. Seit Oktober 2023 ist sie als freie Journalistin tätig.
Verlag: https://www.europa-verlag.com/
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